Ein einfacher Auftrag
Autor: Michel
Prolog:
Zufrieden begutachtete Scrutator Severius die Dorfbevölkerung wie sie in Zweierreihen das Dorf an ihm vorbei in Richtung Menoth verließen. Sie sahen zufrieden, ja sogar glücklich aus. Einige beteten, andere hüpften, sangen beschwingt und lachend.
Nur wenige Meter entfernt hatten Severius' leichte Warjacks die Leichen des cygnarischen Soldatentrupps und der wenigen Dorfbewohner gesammelt, die sich gegen die Missionierung gewehrt hatten.
Die kleine Missionierungsmission im Grenzgebiet war bislang sehr erfolgreich und die drei leichten Jacks hatten keine Mühe die versprengten Garnisionstrupps der Cygnar in Schach zu halten. Aber er durfte nicht übermütig werden. Sobald sie es mit einem feindlichen Warcaster mit schweren Warjacks zu tun bekämen, könnte es gefährlich werden...
Das Spiel:
12 Punkte
Söldner (Michel): Drake Macbain (Muli, Nomade, Klaue)
gegen
Protektorat von Menoth (svenw): Scrutator Severius (Vergelter, Erlöser, Vigilant, Vasall)
Das Geschoss beschrieb einen hohen parabelförmigen Bogen und sauste Richtung Erde, durchschlug die Baumkronen des kleinen Wäldchens und explodierte genau vor den Füßen des Muli. Der schwere Warjack wurde von der Explosion geschüttelt, ging schwer getroffen in die Knie nur um sich danach mühsam wieder zu erheben, die Dampfkanone in Richtung des Feindes zu richten und das Feuer zu erwidern. Doch wiederum ging der Schuss des Muli zu kurz, wie die Male zuvor.
Drake Macbain fluchte leise.
Der Muli war schwer getroffen und Dampf trat schon an mehreren Leckagen an den Schläuchen und dem Kessel aus. Auch die stählerne Hülle war schon sichtlich mitgenommen und die Bewegungen des Ungetüms waren nicht mehr so flüssig wie gewohnt.
Ohne den Schutzzauber, den Macbain mühsam aufrecht erhielt, hätte er die wertvolle Maschine längst aus dem Kampf nehmen müssen.
Er hatte den Muli auf der rechten Flanke in ein Waldstück beordert, weil er es für eine taktisch gute Position hielt. Dies stellte sich als Fehler heraus. Dem Muli stand ein menitischer Erlöser gegenüber, besser gedeckt und mit größerer Reichweite. Obwohl der Erlöser nur ein leichter Warjack war, gewann er klar die Oberhand in diesem Fernkampfduell.
Seine Nahkampf-Jacks, den schweren Nomaden und die leichte Klaue, hatte über die linke Flanke geschickt. Sie sollten in dieser Flankenbewegung die gute Verteidigungsposition der Meniten umgehen.
Den beiden Jacks trat ein menitischen Vergelter entgegen.
Obwohl das ebenfalls ein leichter Warjack war, der den beiden Söldenerjacks eigentlich unterlegen war, nahm er kaum einen Treffer hin und wenn doch mal ein Schlag traf, verursachter dieser kaum Schaden, während die Klaue einen Treffer nach dem anderen hinnehmen musste.
Selbst den sonst so brachialen Sturmangriff von Macbains Warjacks nahm er unbeeindruckt hin.
Hinter dem Vergelter kniete ein Vasall und sang, betete und schien irgendwie Energien an den Warjack weiterzugeben.
Weiter hinten, gedeckt von einer alten Holzfällerhütte, standen der menitische Warcaster und ein weiterer leichter Warjack, ein Vigilant, bereit in die Bresche zu springen.
Es lief nicht nach Plan, ganz und gar nicht.
Als Macbain vor einigen Tagen von dem Kommandeur der hiesigen cygnarischen Garnision, Leutnant Grimsen, angeheuert wurde, klang es bedeutend einfacher.
Der Auftrag lautete, die drei leichten Jacks der Meniten zu zertören, die die Garnision hier so in Atem hielten und die verhinderten, dass die regulären cygnarischen Truppen die menitischen Missionare effektiv bekämpfen konnten.
Noch bevor die Tinte auf dem Vertrag getrocknet war, hatte sich Macbain mit seinen drei Warjacks auf den Weg gemacht, die Meniten schnell aufgespürt und hier in der Nähe einer alten Holzfällerhütte gestellt.
Jetzt wusste er warum sich die Meniten hier zum Kampf stellten. Sie haben bewusst diese gute Verteidigungsposition gewählt und nun stand die Mission von Macbains Söldenrgruppe kurz vor dem Scheitern.
Macbain überlegte fieberhaft.
„Die Holzhammermethode hatte versagt“, sagte er sich, „Zeit ein wenig Bewegung in die Sache zu bringen.“
Als Ablenkungsmanöver ließ er den angeschlagenen Muli aus dem Wald stürmen, in Richtung des Erlösers. Macbain hoffte, der Muli würde das überstehen, er hatte eine Unsumme auf dem Schwarzmarkt für ihn ausgegeben.
Gleichzeitig löste er die Klaue aus dem Nahkampf. Der Vergelter nutzte die Gelegenheit, um diesem mit einem Schlag in den Rücken weiteren Schaden zuzufügen.
Aber das Manöver hatte sich trotzdem gelohnt. Nun stand die Klaue günstig und bedrohte gleich mehrere Gegner, u.a. den menitischen Warcaster.
Die wütenden Angriffe des Nomaden verpufften weiter wirkungslos. Im Gegenteil, auch er musste jetzt Schaden hinnehmen.
Macbain rannte zu seinem Nomaden, um ihm beizustehen.
Der menitische Erlöser gab seine gute Deckung auf und rückte in Richtung des eigenen Warcasters, während der Vigilant der Klaue den direkten Angriff auf den menitischen Warcaster verstellte.
Macbain stürmte voran, umrundete den Vergelter und erschlug mit einem gezielten Streich den dahinter knienden Vasall.
Im selben Moment stürmte die Klaue, nicht wie erwartet gegen den Vigilanten, sondern erneut zurück in den Nahkampf mit dem Vergelter und traf ihn hart mit seiner Lanze in den Rücken.
Diese Kombination brach die bis dahin unangekratzte Verteidigung des Vergelters auf. Mit mehreren gewaltigen Hieben machte der Nomade den Vergelter kampf- und wehrlos. Aber noch war er nicht vollständig zerstört.
Der Erlöser rückte vor und visierte Macbain an.
Dieser vernahm eine charakteristisches Pfeifen über ihm, schaute auf und wusste, dass das Geschoss im gleichen Moment neben ihm explodieren würde.
Die Druckwelle nahm Macbain die Luft und ihm wurde kurzzeitig schwarz vor Augen.
Er lebte noch, allerdings hatte seine Rüstung mächtig gelitten. Mehrere Leitungen waren geplatzt und Teile der Rüstung waren regelrecht weggeschmolzen. Er brauchte einige Sekunden, um wieder richtig einatmen zu können.
Durch Staub und Rauch sah er, dass der Schuss den menitischen Vergelter gleich mit zerstört hatte.
Ansonsten schienen keine weiteren Schäden entstanden zu sein.
Mit einem Mal tauchte der menitische Vigilant im Rücken der Klaue auf,hob den leichten Söldner Warjack in die Höhe und stemmte ihn für einige Sekunden über seinem Kopf.
Mit Entsetzen erkannte Macbain, was der Vigilant vorhatte. Er wollte ihn mit seinem eigenen Warjack erschlagen.
Der menitische leichte Warjack dampfte, rauchte und ächzte, als er die Klaue in Richtung des Warcasters warf, oder besser werfen wollte.
Der Wurf war zu ungenau und das metallische Ungetüm schlug unsanft mit einem krachenden Scheppern einige Meter rechts neben dem Warcaster auf.
Puh…das ging gerade nochmal gut. Macbain pfiff durch die Zähne.
Macbain erkannte, dass seine Klaue durch diesen mißglückten Wurf dem feindlichen Warcaster gefährlich nahe kam. Das hatte der Vigilant bestimmt nicht bezweckst.
Glücklicherweise war die Klaue noch einsatzbereit. Macbain befahl ihr, sich aufzurichten und schickte sie in den Nahkampf mit dem menitischen Warcaster.
Auch er selber stürzte sich, seine heftigen Schmerzen ignorierend, auf den Meniten, während er den Nomaden den Vigilanten beschäftigen ließ.
Scrutator Severius sah die Gefahr kommen, konnte aber nichts mehr machen. Hart wurde er von dem anstürmenden Warjack und dem Söldner Warcaster Drake Macbane getroffen.
Er bemerkte, wie seine Warcasterrüstung unter Macbains Hieben in tausend Teile zerbarst und er die Kontrolle über seine Warjacks verlor.
Demütig erwartete er den Tod.
Als Severius die Augen aufmachte, sah er Drake Macbain über sich und zischte ihn an:
„Worauf wartest du Macbain! Du gottloser...“
„Na na, edler Severius! Ihr habt wohl vergessen, dass auch ihr Mal mein Auftraggeber ward. Mein Auftrag ist erfüllt, ihr ward kein Bestandteil des Vertrages. Also geht!“
Servius erhob sich wortlos und entfernte sich ohne Hast, wobei er sich schwer auf seinen Stab stützte.
Macbain sah ihm lange nach.
Scrutator Severius blickte nicht zurück.
Epilog
Die Wartungsmannschaften kümmerten sich um die ramponierten Warjacks und versuchten, die nötigsten Reperaturen vor Ort durchzuführen.
Fachmännisch zerlegten cygnairische Techniker die intakten menitischen Warjacks und machten sie zum Abtransport bereit.
Leutnant Grimsen schaute Macbain ungläubig an: „Ihr habt ihn gehen lassen?“
Der Söldner zuckte gleichgültig mit den Schultern, während er sich betont genüssliche eine Zigarre anzündete.
„Ja. Ich weiß, Macbain. Er stand nicht im Vertrag. Ihr seid ein alter Paragraphenreiter!“
„Dafür bin ich bekannt, Grimsen.“ Feixend schaute Macbain sein Gegenüber an: „Und außerdem ist Severius ein potentieller Kunde.“
Grimsen starrte finster zurück:
„Gütiger! Macbain!...Aber ihr werdet uns doch helfen, ihn zu fangen? Ich biete ihnen nochmal dasselbe“
„Ich bin ein Söldner und kein Kopfgeldjäger. Außerdem hätte ich heute beinahe einen Warjack verloren. Die müssen alle in die Wartung. Ich stehe nicht zur Verfügung.“
Macbain deutete mit seinem Daumen über seine Schulter:
„Da ist er lang. Das war kostenlos, der Rest ist euer Job. Ich werde noch eine Woche im ‚Rostigen Jack‘ sein. In drei Tagen ist die Wartung abgeschlossen. Dann stehe ich wieder für Folgeaufträge zur Verfügung. Aber beeilt euch, meine Dienste sind dieser Tage sehr gefragt.“
Mit einem aufgesetzten Grinsen grüßte Macbain und ließ den Leutnant stehen.
Grimsen schüttelte den Kopf und fluchte leise über diese treulose Söldnerseele.